Pressemitteilung vom 06.12.2023

 

Wiesbaden den 06. Dezember 2023

 

PISA Studie – Mit Vollgas in die Bildungskrise! Kreis- und Stadtschüler*innenräte des
Regierungsbezirk Darmstadt (Südhessen) nehmen Stellung zur PISA Studie und fordern
Maßnahmen zur Bewältigung der Bildungskrise.

Die internationale Schulleistungsuntersuchung (PISA Studie) zeigt einen drastischen Abfall
der Leistungen der Schülerinnen und Schüler in Deutschland seit der letzten
Veröffentlichung im Jahr 2018. Besonders besorgniserregend ist der Einfluss der Covid-19-
Pandemie, die im März 2020 zur flächendeckenden Schließung der Schulen und zu einer
langen Phase des Distanzunterrichts und Homeschoolings führte. Über 71 Prozent der
Schülerinnen und Schüler waren hierzulande von den längeren Schulschließungen betroffen.
Zu diesem Zeitpunkt waren viele Schulen in Hessen nicht ausreichend auf eine derartige
Situation vorbereitet. Der Unterricht hing maßgeblich von den digitalen Kompetenzen der
einzelnen Lehrkräfte ab, es fehlten einheitliche Konzepte für den Fernunterricht und
vielerorts gab es nur eine unzureichende digitale Infrastruktur. Die Folgen: Lernrückstände,
besorgniserregende Zunahme psychosozialer Probleme, Verfestigung der ohnehin
bestehenden Unterschiede bei Bildungschancen für Kinder aus sozioökonomisch schlechter
gestellten Familien. Zu allem hinzu kommt nach dem Ende der Pandemie auch ein eklatanter
Lehrkräftemangel. Wir erkennen an, dass sich Hessen mit Programmen wie Löwenstark zur
Schließung von Pandemie bedingten Wissenslücken engagiert und auch die
Ausbildungskapazitäten für Lehrkräfte erhöht hat. Dennoch: Die Ergebnisse der PISA-Studie
sind nicht wirklich überraschend.

Die Ergebnisse der PISA-Studie sind allerdings nicht ausschließlich auf die Covid-19-
Pandemie zurückzuführen. Lehrkräfte sind darüber hinaus mit zahlreichen anderen
Aufgaben beschäftigt, die nicht mehr direkt etwas mit dem eigentlichen Unterrichten zu tun
haben. Sie sollen “on top” den Mangel an Ressourcen managen, zunehmende
Verwaltungsaufgaben bewältigen, bestenfalls einen wachen Blick auf die psychische
Gesundheit ihrer Schülerinnen und Schüler haben, gleichzeitig jedoch vor allem die
bestehenden Bildungslücken schließen und im Stoff vorankommen – und das alles in oft
maroden Schulgebäuden, was durchaus als eine mangelnde Wertschätzung interpretiert
werden kann. Der akute Lehrkräftemangel und die weitere Arbeitsverdichtung trägt
sicherlich nicht dazu bei, die Situation für die einzelne Lehrkraft zu verbessern
und Schulabgänger oder Quereinsteiger für diesen Beruf zu gewinnen.
Es droht ein erheblicher Bildungsrückstand der Schülerinnen und Schüler in Deutschland, der
in den kommenden Jahren spürbar sein wird, wenn nicht sofort Maßnahmen ergriffen
werden.

Der anhaltende Abwärtstrend ist ein deutliches Alarmsignal, dass Deutschland sich mitten in
einer Bildungskrise befindet. Wir appellieren an die Verantwortlichen, insbesondere die
Kultusministerkonferenz, diese Situation ernst zu nehmen und sofortige Schritte zur
Verbesserung der Bildungslage einzuleiten.

Falls keine Maßnahmen ergriffen werden, werden die kommenden PISA-Studien der
deutschen Bildungspolitik ein immer größeres Armutszeugnis ausstellen

 

Die Forderungen der Kreis- und Stadtschüler*innenräte lauten wie folgt:

1. Deutschlandweiter Bildungszentralismus: Einheitliche Bildungsstandards und –
strategien, um länderübergreifend eine gleichwertige und qualitativ hochwertige
Bildung zu gewährleisten.
2. Das Bildungssystem neu denken: Lehrpläne und die Organisation des deutschen
Schulwesens müssen dringend an die Herausforderungen von morgen angepasst
werden.
3. Auffangprogramme für soziale und Lerndefizite: Maßnahmen zur Bewältigung
der Folgen der Coronapandemie fortführen, um den Schüler*innen gezielte
Unterstützung zukommen zu lassen.
4. Schneller Ausgleich des Lehrkräftemangels: Durch einen Staatsvertrag, der die
Bundesländer dazu verpflichtet, genug Lehrkräfte auszubilden und die
Ausbildung praxisnäher zu gestalten.
5. Digitalisierung vorantreiben: Investitionen in moderne Technologien und die
Schulung von Lehrkräften, um eine zeitgemäße und effektive digitale
Bildungsinfrastruktur zu schaffen.
6. Förderung interkultureller Kompetenzen: Integration von interkulturellen
Aspekten in den Lehrplan, um die Vielfalt in der Gesellschaft abzubilden und
Schüler*innen auf eine globalisierte Welt vorzubereiten.
7. Inklusion stärken: Maßnahmen ergreifen, um die Inklusion im Bildungsbereich
zu verbessern und sicherzustellen, dass alle Schüler*innen dem Recht auf
Bildungs- und Chancengleichheit näherkommen.
8. Partizipation stärken: Schaffung von Mechanismen, die Schüler*innen, Eltern
und Lehrkräfte, egal wie diese sozioökonomisch gestellt sind, in
bildungspolitische Entscheidungsprozesse einbeziehen, um Transparenz und
demokratische Mitbestimmung zu fördern. Mehr Befragungen etc.
9. Nachhaltigkeit im Lehrplan verankern: Integration von Themen rund um
Umwelt, Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung, um die Schüler*innen für die
globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu sensibilisieren.
10. Unbefristete Arbeitsverträge: Gewährleistung unbefristeter Arbeitsverträge für
Lehrkräfte und Abschaffung von Zeitarbeitsverträgen, die bisher die Schulferien
nicht abdecken.

 

 

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